Bringdienste – Wachstum mit Profil
Die nachhaltigen Veränderungen der Lebens- und Konsumgewohnheiten führen dazu, dass immer weniger Menschen ihre Mahlzeiten selbst kochen wollen. Statt am heimischen Herd zu stehen, werden die Angebote der Lebensmittelindustrie, der Restaurants oder der Bringdienste – auch Home Delivery genannt – in Anspruch genommen. Die Bringdienste haben sich hier vor allem aus drei Gründen zu einem atypischen Wachstumsmarkt entwickelt: (1) Der notwendige Eigenanteil an Arbeit ist auf einen Anruf beschränkt; (2) Die mögliche Eigenkreativität ist nur durch die Küche des Bringdienstes eingeschränkt; (3) Der Wohlfühlfaktor „zu Hause“ oder „bei Freunden“ ermöglicht den notwendigen Ausgleich zum hektischen Berufsalltag. Essen als Grundbedürfnis kann hier in dem selbst gewählten Rahmen der eigenen vier Wände wahrgenommen werden: Dem „Erlebnisfaktor Restaurant“ setzt der Bringdienst die Ungezwungenheit, die Bequemlichkeit und den heimischen Luxus, sich nicht selbst um das Essen kümmern zu müssen, entgegen.
Atypische Wachstumsmärkte wie der Bringdienst entstehen dabei durch eine ungebremste, aber zunehmend selektive Nachfrage. Diese ungebremste Nachfrage ergibt sich aus dem obigen Dreisprung der Verbraucher im Alter zwischen zwölf und 40 Jahren, die sich ihr Restaurant nach Hause holen wollen. Die selektive Nachfrage ergibt sich aus den Qualitätsanforderungen, die neben Frische vor allem ein stetig wechselndes und besonderes Angebot fordern. Ein Angebot, das heute durch immer schnellere Innovationsraten und immer kürzere Produktlebenszyklen geprägt ist.
Zweistelliges Wachstum wird sich auf immer weniger Anbieter verteilen
Das Wachstum wird sich damit nicht wie sonst typisch in einer wachsenden Anzahl von Anbietern mit insgesamt steigenden Umsätzen niederschlagen. Wachstum realisieren in den nächsten fünf bis zehn Jahren vor allem die werbe-, entwicklungs- und umsetzungsstarken sowie national aufgestellten Bringdienste. Sie sind es, die die stetig wachsende Kundenklientel erreichen und bedienen. Professionelle Anbieter profitieren damit sowohl von einer stetigen Marktausweitung als auch von einem Verdrängungswettbewerb, der als Begleiterscheinung entsteht. Denn was für den Profi selbstverständlich ist, wird für den Familienbetrieb immer mehr zur Hürde: Die Kunden erwarten von ihrem „Stammlieferanten“ alle sechs bis zehn Wochen ein neues verlockendes Angebot, das sie zu Hause oder wo immer sie sich befinden verwöhnt. Diesen wachsenden Anforderungen sind kleine Anbieter immer weniger gewachsen, so dass sich die wenigen Unternehmen mit Profil eine zweistellige Marktwachstumsrate untereinander aufteilen „müssen“.
Dass der deutsche Markt für Bringdienste noch weit von einer Sättigung entfernt ist, zeigt beispielhaft der europäische Vergleich im Segment Pizza-Delivery. Der europaweite Marktführer aus Spanien verfügt national über dreimal so viele Outlets wie die deutschen Marktführer zusammen. Nimmt man dazu noch die spanische Bevölkerungszahl von 45 Millionen zu 82 Millionen in Deutschland, zeigt sich das echte Marktpotenzial für Bringdienste.
Traditionelle Küche spielt kaum eine Rolle
Analysiert man das Bringdienstangebot so fällt auf, dass insbesondere die traditionelle deutsche Küche kaum eine Rolle spielt. Abgesehen von den versorgungsorientierten Menudiensten teilen sich die ethnischen Geschmacksrichtungen den Markt mit der italienischen Küche. Die Gründe hierfür liegen zum einen in dem fehlenden Know-how und zum anderen in einer immer noch geringen Kundenorientierung vieler Gastronomen. Denn was von außen einfach erscheint, ist die Hauptursache für unzufriedene Kunden: Frische und Lieferzeit. Während der Auslieferzeit arbeiten und garen die heißen Speisen weiter – sie verändern damit sowohl ihre Frische wie auch ihren Geschmack! Zudem sind Kunden zeitsensibel. 30 Minuten Lieferzeit sind hier eine von den professionellen Bringdiensten gesetzte Akzeptanzschwelle. Längere Lieferzeiten werden schnell zum Wettbewerbsnachteil. Delivery ist Fast Food – muss aber nichtsdestotrotz frisch zubereitet werden!
Die Zukunft gehört den Großen
Kunden erwarten heute neben einem fairen Preis vor allem Frische, Vielfalt und Geschwindigkeit. Dem Bringdienst stellen sich dabei zwei Möglichkeiten. Die erste ist eine zunehmende Verwendung von Halbfertigprodukten, die auf Bestellung „aufgewärmt“ und nach Kundenwunsch veredelt werden. So kann sich ein Pizzadienst beispielsweise überlegen, die Grundpizza im Handel als Tiefkühl- oder Halbfertigprodukt einzukaufen und dann nach Kundenwunsch mit weiteren Zutaten zu belegen.
Die andere Möglichkeit – und ihr gehört die Zukunft – ist die Prozessoptimierung und der Aufbau von spitzen Standardsortimenten mit stetig wechselnden Aktionssortimenten. Für den Pizza-Delivery heißt das, dass eine qualitätsorientierte Auswahl an Standardpizzen entwickelt und diese alle acht bis zwölf Wochen durch eine Auswahl an speziell entwickelten hochwertigen Aktionspizzen ergänzt wird. entrale Herausforderung ist es dabei, Speisen zu entwickeln, die durch den Lieferprozess weder an Qualität verlieren noch durch komplizierte Produktionsvorgänge die Lieferzeit erhöhen.
Insgesamt wird sich schon aus diesen Anforderungen heraus der Markt in den nächsten fünf bis zehn Jahren zu Gunsten der Filialisten und der Franchise-Systeme bereinigen. Denn die Bedeutung von Bekanntheit und Marke steigt auch bei den Bringdiensten merklich. Die sich daraus ergebenden Anforderungen an Kommunikationsstrategie und Werbemittel sind weitreichend und damit vielerorts für den einzelnen Unternehmer zu teuer. Die Chance, eine Marke aufzubauen und damit als Image- und Qualitätsführer Kunden zu erreichen, wird in vielen Marktsegmenten immer schwerer. Denn hier sind die professionellen Franchise-Systeme seit mehreren Jahren aktiv und besetzen ihre Märkte mit zunehmendem Erfolg. Ein Erfolg, der sich vor allem aus ihrer professionellen Führung und aus ihren finanziellen wie konzeptionellen Möglichkeiten heraus erklärt.